Fast ein Jahr - Die Zukunft aller Gegenwart heißt Vergangenheit (XIII)
Ich muss lächeln, unwillkürlich,
wenn die Vögel singen
so früh am Morgen
nach durchwachter Nacht
Dass ich immer wieder einmal dankbar bin,
liegt an einem tieferen Sinn,
ich mindere das eine,
während ich das andre stärke,
was ist, dient dem Besitz,
was nicht ist, dient dem Werke
Zitronenfalter leuchten flattergelb,
dazu der dunkle Augensamt der Veilchen,
auf kleinen Stängeln zarter gelb
die Schlüsselblumen,
legen vertrauensvoll die Blütenköpfchen
in die sanfte Frühlingsbrise,
besternend
die stille Obstbaumwiese
Das BingelBangelBengelkraut
so unscheinbar
im Unterholz, Schwarzdorn
überzieht sich mit weißen Blüten
und wird filigran,
Schneeweißchen kommt heran
Erste zarte Quirle aus dem Meisterwald
verweisen schon auf Mai,
der Rosenbusch der Weperrose
noch kahl im Wind,
doch darunter des Frühlings liebstes Kind,
das Buschwindröschen zart
beseelt des Werdens Gegenwart
Erde, stiller Traumort Du,
Gerade ist es so,
die Bilder der Zerstörung weichen
und verblassen
und die Seele kommt zur Ruh
Dieser Zyklus ist begonnen worden letztes Jahr (2022) im August, als ich wegen einer Herzoperation mit der so ganz unlyrischen Bezeichnung "Mitralklappen-Rekonstruktion" im Krankenhaus war. Das Schreiben daran wurde in der anschließenden Reha und in meiner Zeit der Rekonvaleszenz fortgesetzt. Endlich kam ich dazu, ihn ins Reine zu schreiben und abzuschließen. Dieses ist der dreizehnte und letzte Teil.
Anmerkung: "Was ist, dient dem Besitz / Was nicht ist, dient dem Werke" ist dem Tao Te King des Laotse entnommen, wo es (in der Übersetzung von Richard Wilhelm) heißt:
Man höhlet Ton und bildet ihn zu Töpfen:
In ihrem Nichts besteht der Töpfe Werk.
Man gräbt Türen und Fenster, damit die Kammer werde:
In ihrem Nichts besteht der Kammer Werk.
Darum: Was ist, dient zum Besitz.
Was nicht ist, dient zum Werk.
.Die Illustration ist von Christian Rohlfs (1849 - 1938)
Man gräbt Türen und Fenster, damit die Kammer werde:
In ihrem Nichts besteht der Kammer Werk.
Darum: Was ist, dient zum Besitz.
Was nicht ist, dient zum Werk.
.Die Illustration ist von Christian Rohlfs (1849 - 1938)
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