Seiten

Samstag, 10. Juni 2023

Aus Dingefinders Büchergarten: Begegnung mit Rosen

 


Aus Dingefinders Büchergarten: Begegnung mit Rosen

Eines meiner Lieblingsgartenbücher ist das Buch "Begegnung mit Rosen" von Alma de l´Aigle, 1958 das erste Mal erschienen, welches der Dölling und Galitz Verlag dankenswerterweise wieder herausgebracht hat. Dieses Buch hat nichts mit unseren modernen Gartenbüchern gemein, die ja zum größten Teil aus Gartenbildern bestehen, die einen bestenfalls neidisch machen. Da hat der Fotograf dann im richtigen Augenblick auf den Auslöser gedrückt und aus einer wohl ausgesuchten Perspektive ein Foto geknipst, welches einen Idealzustand aufzeigt, der weder Trockenheit noch Regengüsse, weder Schnecken noch Unkraut kennt.

Anders die "Begegnung mit Rosen": Ein Rosenbuch, fast 340 Seiten stark, und so gut wie keine Bilder, und die wenigen vorhandenen schwarzweiß. Heute unvorstellbar, doch Alma de l´Aigle hat ganz auf die Kraft ihrer bildhaften Sprache gesetzt. Zurecht. Ich habe noch nie vorher (und nachher) ein solch sprachmächtiges Kompendium zur Beschreibung von Rosendüften gelesen, wie ihr Buch. Immer wieder eine Freude, ihre Rosenbeschreibungen zu lesen, ihre Sprachmalereien rund um Farbe und Duft. Das einzig traurige daran ist für mich, dass ich so viele der beschriebenen Sorten nicht kenne.

Hier einige Auszüge: Über Climbing Crimson Glory: "Und der Duft! Immer ist es der gleiche dunkle und ungetrübte Duft, zuverlässig in Sonne und Regen, vom ersten Öffnen der Knospe bis zum Verblühen. Es ist ein Duft wie Rotwein, am Abend getrunken, in stiller Ecke, wo die Hast des Tages sich legt".

Über Albertine: ". . . der Duft: zuerst ist es ein stark wellender, weicher, süßer Duft, der fast an Zentifolie gemahnt, dann wird er gebrochen canina mit etwas Nelke darin, und endlich, wenn die Aprikosenfarbe ganz dem fahlen Rosigweiß gewichen ist, wird der Duft trübe, fast dumpf."
Über die Gerberose, einer Kletterrose, die ganz oben auf meiner Wunschliste steht: "Aber - da kommt man sommers in den Garten, um zu sehen, wie die Bohnen angesetzt haben, und da wird einem plötzlich, als wenn die Fee - wie heißt sie doch noch? - eben durch den Garten geschwebt sei und den süßesten Rosenduft hinterlassen habe. Die ganze Luft ist erfüllt von diesem Duft.

Man sieht umher und sagt: Was duftet denn hier nach Rosen? Und da steht dann die Gerberose bescheiden in der Ecke, die Duftverschwenderin. Ehe unsere Blicke auf sie fielen, war ihre Seele uns schon entgegengekommen.

Ihr Duft hat, was sie nur mit ganz wenigen Rosen teilt, eine Ausdehnungskraft und ist sogar in der Verdünnung am lieblichsten. Kommen wir aber nahe an die Blüte heran, so erscheint uns der Duft gar nicht mehr so edel, mehr kompakt als klar."

Rosenduft hat etwas ausgleichendes, stimmungserhellendes, antidepressives. Einmal, als ich ein Rosenseminar gab, inklusive Rosenverköstigung, es gab verschiedene Gerichte mit Rose, öffnete ich morgens die Türe, um eine Teilnehmerin hinein zu lassen, die einen entschieden traurigen Eindruck machte. Dunkel gekleidet war sie, und dunkel ihre Aura, Ringe schwarz unter ihren Augen, die Mundwinkel heruntergezogen, es war, als wäre eine dunkle Wolke um sie. Für die Herstellung des Sorbets mussten die Rosenblütenblätter gemörsert werden, und binnen kurzen war der ganze Raum mit Rosenduft fast gesättigt. Es war wunderbar die Wandlung der am morgen so düsteren Erscheinung zu beobachten: Das Gesicht klarte auf, ein Strahlen gelangte in die Augen, die Teilnehmerin wurde wach, anders kann man es nicht bezeichnen, und begann mit einem Male mit einer Herzlichkeit und Wärme in der Stimme zu erzählen, als wäre es eine ganz andere Person, als die, welche des morgens in der Türe stand. Das vermag der Duft der Rose.

Noch einige Duftbeschreibungen von Alma de l´Aigle: "Aber der Duft ist, besonders im Aufblühen, wunderbar, ein leichter Teeduft nach chinesischem Tee, manchmal ein leicht harziger Teeduft", oder, auch einmal kritisch: "Einen scharfen unreinen Fruchtgeruch bemerkte ich, wie nach künstlicher Roter Grütze; ein andermal einen leichten Apfelduft, aber keinen Reichtum, keine Tiefe."

Eine meiner Lieblingsbeschreibungen: "Ein Duft wie Teig von Zitronenkuchen, und Backpulver ist auch schon drin." Und, für heute zum Abschluss: "Es war, als wenn man eine große Schale mit vielerlei Früchten ins Zimmer trägt: Birnen, Gravensteiner, Pfirsiche und Himbeeren, all diese Düfte wehten einem entgegen als einheitlicher, köstlicher süßer und doch erfrischender Duft."

Nach dem Lesen dieses Buches geht man an keiner Rose mehr vorbei, ohne die Nase in die Blüte zu stecken. Es war ein beliebtes Spiel von mir und meinem damals drei und vier Jahre alten Sohn, die verschiedenen Rosen zu erschnuppern, und ich sehe noch bildhaft vor mir sein Gesicht, wenn er enttäuscht war, dass eine Rose nicht duftete, oder entzückt, wenn ihm etwas ganz Besonderes entgegenwehte, wie zum Beispiel bei der dunkelroten Edelrose Papa Meilland, die einen besonders schweren und starken Duft trägt.

Einmal traute ich meinen eigenen Sinnen nicht. Bei der gelben Edelrose mit dem Namen "Zitronenjette" nahm ich einen klaren Zitronenduft wahr. Ich dachte, ich wäre wohl suggestiv beeinflusst worden von Namen und Farbe dieser Rose. Bis ich dann in der Beschreibung las: "Duft nach Zitronen". Nun, mittlerweile vertraue ich meiner Nase und meinem Empfinden. Und bin jedesmal Mutter Natur dankbar über ihre verschwenderische Fülle. Das Genießen von Rosenduft ist für mich jedesmal wie ein stilles Gebet.

Das Foto zeigt übrigens die Blüte einer Alba-Rose "Königin von Dänemark"

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen