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Mittwoch, 14. Juni 2023

Die wundersame Welt des John Elsas

 

John Elsas 1929


John (eigentlich: Jonas Mayer) Elsas, geboren am 6. Juli 1851 in Frankfurt am Main; gestorben am 5.Juni 1935 ebendort, brachte ein Berufsleben als Kaufmann und Börsenmakler hinter sich und begann erst 1927, im Alter von 76 Jahren, mit seiner intensiven Arbeit als Bildender Künstler. Eines seiner Aquarelle versah er 1930 mit dem Text: „Mein ganzes Leben war ein Fehler / da wurd ich Maler und Erzähler“. Elsas’ umfangreiches Œuvre wurde um 1930 von der Kritik anerkennend besprochen; danach geriet es für rund 70 Jahre in Vergessenheit. Tochter Irma ordnete und verpackte den umfangreichen künstlerischen Nachlass. Von den Nationalsozialisten wurde ihr Vermögen konfisziert, der Grundbesitz „arisiert“. Sie lebte in Frankfurt zuletzt in einem so genannten „Judenhaus“, bevor sie am 18. August 1942 in das Durchgangs- und Konzentrationslager Theresienstadt deportiert wurde; dort starb sie am 1. Mai 1944.

Aufmerksam auf den Künstler wurde ich durch einen Artikel des Jüdischen Museums Frankfurt anlässlich des Todestages am 5. Juni dieses Jahres. Ich war sozusagen sofort „schockverliebt“ sowohl in die künstlerischen Darstellungen, als auch in die gereimten Sinnsprüche, welche die Darstellungen begleiten. Beides von herzerfrischender Einfachheit. Ich bin wohl nicht als einziger der Faszination von John Elsas´ Kunst erlegen:

Der Kunstwissenschaftler Max Osborn schrieb in der „Vossischen Zeitung“ vom 16. Januar 1930: „..Im ‚Sturm’ (einer damals prominenten Berliner Galerie), bei Herwarth Walden, sieht man etwas ungemein Amüsantes: Klebebildchen von einem lebensfröhlichen alten Herrn in Süddeutschland, John Elsas genannt.

[… In diese Art, Buntpapiere, schimmernde Reste von irgendeiner Kartonhülle und dergleichen aneinanderzufügen, auch Aquarelltöne dazwischenzupinseln, steckt eine so reiche Phantasie, dass man Blatt um Blatt mit Lust betrachtet...“.

Gegen Ende der 1920er Jahre erregten seine Arbeiten in den Galerien verschiedener deutscher Städte sowie in Paris und Zürich wohlwollendes Interesse, was seine ohnehin ungewöhnliche Produktivität noch steigerte – seine letzten, 1935 von Irma Elsas verpackten Blätter trugen die Nummern 25 000 – 25 025.

Hier eine kleine Auswahl:




Ich werde schwere Zeiten sehen,
die werden auch vorüber gehen.




Man verwechselt in jedem Land
das Wörtchen Glück
mit dem Worte Verstand.





Das Glück zu Dir ist sprungbereit,
nachdem Du hattest großes Leid.




Denket nicht an dummes Zeug,
Gottes Reben trösten Euch.




Man kann bei mir die Kunst nicht sehn,
doch Einfachheit ist immer schön.


                 

Wenn die Körper sind geschwunden
werden ihre Geister
mit den Lebenden verbunden.




Wer nicht lieben
und sich begeistern kann,
der ist und bleibt ein armer Mann.





Erscheinung ist doch alles nur,
die Phantasie ist die Natur.




Ist man stets von Liebe umgeben,
so führt man ein Götterleben.




Ich liebe meine Sorgen sehr
denn wenn ich keine Sorgen hätt´
würde leben ich nicht mehr.




Beachte den Sinn der Farben nur,
durch Farben wirkt die Weltnatur.




Weil da ist mein Körper schön,
freue ich mich,
mich selbst zu sehn.




Am Apfelbaum, am Apfelbaum,
begann der schönste Liebestraum
und würd der Apfelbaum nicht sein
gäb´s keinen süßen Apfelwein,
zu trinken sind wir ihn bereit,
es lebe hoch die bessere Zeit!

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