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Samstag, 29. Dezember 2018

Abschied und Neubeginn


Abschied und Neubeginn

I

Ich möcht in Häusern ein- und ausgehen können,
begleitet von warmen Worten beim Empfang.
Ich möcht die Freuden jeden Tages dann benennen,
und sie erklingen lassen als Gesang.

Dann im Staunen jedes Herz erreichen,
welches mir entgegenschlägt.
Jedes Wort mit einem Lachen anzureichern,
so, dass es jedes Herz bewegt.

Selbst das Weiterziehen wird begleitet
von einem Lied, gesungen klar in Dur,
dass es mir den Weg froh vorbereitet,
Weg in mein eignes Herz, zu meiner eigenen Natur.

II

Als Sysyphus nach den Jahren, den Jahren, den Jahren
in jenem erwachten Augenblicke
den lastenden Stein
auf den Schultern gewahr wurde,
ließ er fallen den Felsen.

Ging seines Weges. Gedachte der Last,
gedachte auch
der glücklichen Tage unter den Gipfeln.

Die Faust zu öffnen,
eine Perle zu finden darin.
Das Herz erglüht, erblüht, erblickt
im Perlmuttspiegel Gegenwart.

Die Füße, die Bäume, die Wurzeln,
beflügelt von mitternachtsblauem Feenzauber.
Das Herz lächelt. Der Mund lächelt. Die Welt lächelt.

III

Sich selbst zu finden - welch ein Anspruch. Als gäbe es je etwas anderes zu finden, denn sich selbst. „Finde dich selbst“, wohlfeiler Satz und Allgemeinplatz. Abflugrampe für Kalendersprüche und Geschenk-Bilderbuch-Texte aller Art. Und dann wird in sich hineingeschaut, um dann wieder das Tagewerk zu beginnen.

Sehenswert auch die Abwandlung aus therapeutischer Richtung: „Finde dein Selbst!“. Der dann eine mindestens 100-seitige Gebrauchsanweisung dieses ominösen Dinges Selbstfindung folgt, dazu einige gebrauchsfertige Übungen für jeden Tag, und eine erhebende Zitatesammlung der Weisen aller Länder und Zeiten. „Der Weg ist das Ziel“.

Ich als Dingefinder lausche meiner inneren Stimme, meiner kleinen Frau im Ohr, meinem Engel im Herzen, und der sagt mir: „Sei beruhigt, es ist alles da, was Du brauchst. Das, was Dir zugute kommen kann, kommt zu Dir, und Du wirst es finden. Alles wirst Du finden, nur Dein Selbst nicht. Es ist unfindbar. Wohin Du auch schaust, dort immer ist es. Es ist das Finden selbst. Jeden Tag. Jede Stunde. Jeden Augenblick.


Freitag, 21. Dezember 2018

13 Nächte




                                         13 Nächte

Kehre in die Stille schweigend ein:
So fällt das Wort ins unverletzte Sein.

Dreizehn ist die Zahl der Monde. Meine Seele ist uralt.
Wenn ich schweigend gehe, bin ich Du, dann bin ich Wald!
Schweigen. Es gibt Zeiten, da ist jedes Wort das Wort zu viel.
Im Schweigen erlöse die Räume von der Worte unbeugsamen Spiel.

Dreizehn Nächte, in denen alle Zeiten stille stehn,
Wanderungen, zwischen den Zeiten zeitlos schweigend gehn.
Nur im Schweigen nähren wir den Klang,
nur im Schweigen lauschen wir kaum hörbarem Gesang.

Ich lasse zu, dass mich Dunkelheit umfängt.
Und Kälte. Stille. Alles zu lösen, woran die Seele hängt.
Um dieses Nachtland furchtlos mit sanftem Fuß zu betreten.

Nachtland, Klüfte, windgezauste Bäume, Erdental.
Fuß auf Fuß gesetzt am Pfad, Wegekreuze, weise Wahl:
Nur wer dreizehn Nächte ohne Furcht, wird hier herein gebeten.