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Mittwoch, 1. März 2023

Aus Dingefinders unergründlicher Plaudertasche: Der Stuhl zwischen allem

 


Der Stuhl zwischen allem

Morgenspaziergang. Am Wegrand ein Ahorn mit sieben Stämmen. Er wäre mir vielleicht nie in dieser Deutlichkeit aufgefallen, wenn nicht irgendwer einen Stuhl, mit blauer Sitzfläche und blau gepolsterter Lehne, zwischen diese Stämme drapiert hätte.

Als ich mich nun in Gedanken auf diesen blauen Stuhl nieder ließ, sprach der erste der sieben Stämme, der kräftigste, zu mir mit seiner stimmlosen Stimme: "Die Welt ist alt genug, sie weiß, wie sie sich rettet".

Und der zweite der Stämme flüsterte zu mir: "Sterben tust Du sowieso".

Der dritte der Stämme rief mir zu: "Deine Kinder werden ihren Weg gehen. Zur Not auch mit Deinen guten Ratschlägen."

Der vierte darauf: "Dir ward gegeben, Dir ward genommen. Was gibst Du? Was nimmst Du?"

Der fünfte, wie Blätterrauschen: "Rufe den Wind, und er wird wehen. Rufe die Sonne, und sie wird scheinen. Rufe die Nacht, und die Finsternis erblüht. Rufe die Engel, und sie werden sprechen. Rufe den Tag und er wird kommen. Möge Dein Ruf ein großer Gesang sein!"

Der sechste darauf brach in schallendes Gelächter aus und rief: "Geh mir aus der Sonne, auch wenn es der Mond ist!"

Und der siebente endlich, welcher der feinste und zarteste war: "Trage den Gürtel der Nacht, wenn Du zur Liebsten gehst!"

So hatte ich genügend zu bedenken an diesem Tag.


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