Fast ein Jahr - Die Zukunft aller Gegenwart heißt Vergangenheit (VIII)
Sonntag ist
und Glockenklang am Morgen,
Glocken wollen die Katholen
in die nahe Kirche holen
Sonntag ist
und steter Regen rinnt,
und ich freu mich wie ein Kind,
das niemals nie nicht sündigt:
die Liebste hat sich angekündigt
Mir ist, die Glockenklänge gelten ihr
und mir
Im kleinen Baum vor dem Fenster:
ein Eichelhäher im Geäst
mit blaugestreiften Federn
an den Flügeln
An manchen Tagen ist das Leben
dieses Buch mit sieben Siegeln,
dann wieder liegt es offen da,
und dir wird offenbar
ein weitrer Sinn im Leben -
Wie schön war es,
wenn ich als Kind
im Walde
Eichelhäherfedern fand,
es war,
als strichen Engel übers Land
und schenkten mir ein kleines Wunder,
das es zu bewahren galt
Ein Geschenk
vom Leben
und vom Wald
„Müde der ewigen Versuche, uns durch die rohe Materie zu kämpfen, wählten wir einen anderen Weg und wollten dem Unendlichen entgegeneilen. Wir gingen in uns und schufen eine neue Welt.“
Henrik Steffens (ca. 1801)
Innehalten -
Kräfte walten
Ich gehe gerne zu einem Bäcker,
der noch Hand anlegt
Lieber brotlose Kunst
als kunstloses Brot
Umarmung, Liebste.
Nun bist Du bei mir
auf diesem stillgelegten Stern,
Sonntag für die Seele
und ein Gruß von
jenem anderen Planeten,
der „zu Hause“ heißt
Kleine Geschenke
Ein Heimatwichtelpärchen,
das ich Aigle und Bogumil taufe:
Aigle - „Strahlen“ - Göttin
des goldenen Lichtes, des
Sonnenunterganges,
Tochter der Nyx;
nun eine leicht dralle
Wichtelfrau
mit Mütze, zipfelrot
Bogumil: „Der von Gott geliebte“,
wohl auch geliebt vom
goldenen, strahlenden Lichte
des Abends
Zwei Fliegenpilze
ihnen an die Seite,
sie bringen fröhliche Farben und,
so hoffe ich, Glück
In Variationen:
Frühstück, Mittagessen, Abendbrot -
das ist die Konstante
der Gleichförmigkeit
In steter Gleichförmigkeit
auch der Regen draußen,
der den Schleier
über den Herbstanfang legt
Vom Bette aus
schaue ich dem Ziehen
der Wolken zu,
dem Fallen des Regens
Dieser Zyklus ist begonnen worden letztes Jahr (2022) im August, als ich wegen einer Herzoperation mit der so ganz unlyrischen Bezeichnung "Mitralklappen-Rekonstruktion" im Krankenhaus war. Das Schreiben daran wurde in der anschließenden Reha und in meiner Zeit der Rekonvaleszenz fortgesetzt. Endlich kam ich dazu, ihn ins Reine zu schreiben und abzuschließen. Dieses ist der achte Teil.
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