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Donnerstag, 26. Oktober 2023

Zum Andenken an Gusto Gräser: Über Kindererziehung

 



„Wir brauchen einander. Dies einzusehen ist die Grundlage für eine friedliche Weltordnung unter uns Menschen und mit unseren Mitlebewesen im Mineralien-, Pflanzen- und Tierreich. Frieden kann es nur dann geben, wenn wir in Frieden mit der Natur leben. Der Mensch der Zukunft wird im Einklang mit der Schöpfung leben müssen, wenn er überleben will“ Gusto Gräser, geboren am 16. 2. 1879 in Kronstadt, gestorben am 27. 10. 1958 in München.

Die Eremiten rund um den Monte Verità waren allesamt keine Leib- und Liebesverächter, im Gegenteil  . . .  So notiert Adolf Grohmann 1903 auch von Gusto Gräser: "Er hat vor, sein Felsenheim zwar klassisch einfach, aber doch malerisch und gemüthlich auszugestalten aus allerhand Siebensachen, die er sich zusammensucht, und dann eine Lebensgefährtin zu suchen, ein braves und schönes Felsenweib, das er gewiss noch finden wird, denn er ist ein schöner Mann und von der grössten Liebenswürdigkeit, offen, wahr und treu"

Adolf Grohmann: Die Vegetarier-Ansiedelung in Ascona und die sogenannten Naturmenschen im Tessin. Halle a. S. 1904.


Gusto Gräser will das Wort "Erziehung" ganz abgeschafft wissen, will es durch "Räumung" ersetzen. Es geht ihm darum, Raum zu schaffen für den jungen Menschen, für die Entfaltung aller seiner Möglichkeiten.

Zur
Kindheiterkeit
samt Dummlichkeit -
zu Räumung statt Erziehung.

*

Dort - allweil zügeln, zäumen:
"Du sollst, sollst nicht, du darfst".
Hier - Rahmen schaffen - Räumen, und:
"Treib, was Du bedarfst.“

*

Besser wild und ungezogen,
aber artig, herzensecht -
statt verbogen und verlogen, um die Blühekraft betrogen
und so "artig" wie ein Knecht!
Ob auch alle Zimprer quitschen und die ganze Tantschaft schreit,
Äppel, Birn' und Nüss' stibitschen und mit heiler Haut entwitschen -
das gehört zur Seligkeit!

*

Dort grausam weichliche Misshandlung -
hier mildfest führende Hand

*.

Dort lieblos laues Vielgered -
hier herzhaft biedere Weisung.

*

Dort viel und hohl -
hier wenig und wohl


Wir können diesen kurzen Ausflug in die gräsersche Kindheiterkeit beschließen mit dem Urteil des Augenzeugen Erich Mühsam. "Die Erziehung des kleinen Habakuk zu beobachten, wirkt dieser innerlich verlogenen Verbildung des Kindergemütes gegenüber, wie sie die besten Eltern im besten Glauben betreiben, einfach erlösend." Aus: Ascona. Eine Broschüre. Carlson, Locarno 1905 34f.

Zitiert aus: Der Zauberlehrling Otto Groß und Gusto Gräser, Hermann Müller 1998

Das Foto zeigt Gusto und Elisabeth Gräser mit Kindern auf einer Wanderung mit Pferdewagen

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