Zaubergärten
Es gibt Gärten, und es gibt Zaubergärten. Zaubergärten sind für mich die Gärten, in denen die Hand des Gärtners oder der Gärtnerin nicht spürbar ist. In denen das Kultivierte in wohliger Eintracht mit dem Unkultivierten wächst, wo die wenigsten Reihen gerade und die meisten Anpflanzungen bunt durchmischt sind.
Eigentlich ist ein Garten, die Herkunft des Wortes zeigt es, der „mit Gerten umsteckte Raum“, der mit Flechtzäunen (holländisch: „Tuin“ heißt sowohl "Garten“ als auch „Zaun“) von der Umgebung abgetrennte Raum, etwas Menschengeschaffenes. Selbst das Wort „Paradies“, aus dem Altpersischen kommend, bedeutet nichts anderes als „Wall“, Steinwall.
Nun sind diese Gertenzäune und Steinwälle, aus Lesesteinen gebildet, nicht starre herzlose Grenzziehungen, sondern eher wieder eigene Biotope, durchlässige Membranen zur Außenwelt, nicht Gefängnisse für was auch immer.
Nur aus einem Paradies, aus diesem behüteten Raum konnten Eva und Adam vertrieben werden. Und für dieses Paradies hatten sie den Auftrag zu „bebauen und bewahren“. Was immer auch die Erkenntnis war, welche dem zürnenden Gott Anlass war, das Paradies zu schließen, das „Bebauen und Bewahren“ ist danach gänzlich abhanden gekommen, wie der Zustand der heutigen Welt zeigt.
Nun glaube ich weniger an einen zürnenden Gott, mir ist eine Göttin, wenn schon, herzensnäher, und die „Hagazussa“, die Heckenwohnende, die Zaunreiterin, ergo, die Hexe, gefällt mir besser als schwarzgerockte Priester und bärtige Propheten. Zeigt doch die Zaunreiterin, dass die Membran trotz alledem noch durchlässig ist, dass es keine geschlossenen Paradiese gibt.
Sie ist sicherlich auch die Hüterin der Bauerngärten, die eigentlich Bäuerinnengärten heißen müssen, denn dort waltete die Frau. Während die Männer auf den Allmendeäckern arbeiteten oder auf den Lehnäckern für den Fronherrn schufteten, waren diese Gärten sozusagen privat. (von privatus, von privare, „abgesondert, beraubt, getrennt“, privatum, „das Eigene“ und privus, „für sich bestehend“). Sicher nicht im Sinne vom männlichen Privaten, dem Geraubten, sondern vom gärtnerischen Privaten, dem von der Umgebung abgesonderten.
Hier, in diesem Krautgarten, wuchsen der Gärtnerin die Hauptbeigaben zu den Mahlzeiten zu, hier war auch ihre Hausapotheke, Heilkunst und Ernährung vermischten sich. Und wenn es einmal nicht reichte, oder eine Krankheit gar zu hartnäckig war, konnte sie immer noch über den Zaun und die Hecke fliegen und in der Landschaft das Fehlende sammeln.
In diesen Gärten wurden die Schätze gehütet, fremdländische Gewächse oft. Schon der aus China kommende Schlafmohn fand bereits in der Bronzezeit Einzug in die Gärten, das belegen Samenfunde nach Ausgrabungen.
Sicherlich waren diese Krautgärten nicht die generalstabsmäßig geplanten Gemüsegärten, wie sie in den Kleingartenkolonien oft bevorzugt werden. Wohl eher sahen sie so aus wie die irokesischen Maisgärten, in denen Mais, Bohnen und Kürbis in trauter Eintracht wuchsen, nach dem Säen wurde noch zweimal gehackt und dann wurde wachsen gelassen. Was da zusätzlich aufkam waren bis zu 300 Arten nutzbarer Pflanzen. Eben das, was wir oft als „Unkraut“ verzweifelt fern halten wollen. Da wir nicht mehr um die Nutzbarkeit wissen, um die Heilkraft. Den „Tuin“ bildeten dort übrigens die hochaufwachsenden Tabakpflanzen, heiliges Kraut und schädlingsabweisende Hecke in einem.
Also: lasst uns mehr Zaubergärten kreieren, dann sind wir dem Paradiese bestimmt ein Stücklein näher gekommen. Und ab und zu fliegen wir dann über den Zaun. . .
Alter Bauerngarten
Ganz Seele – so stand ich
und sah
Sonnenlicht und Luft sich verweben
zu einem glänzenden Blütentraum.
Falter - bunt hingegeben,
Lavendelduft,
Duft von Melisse,
Elfen sah ich darinnen schweben.
Ein Engelwesen war dieser Garten mir,
Verwoben mit allem Lebendigen hier.
Verwoben mit all den Sternensphären,
Ach, wenn doch alle Gärten so wären!
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