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„Ideale sind wie Sterne, sie lassen sich nicht erreichen,
doch sie weisen uns den Weg“; wer zu allem immer nur nickt
wird vom Schicksal ins Schicksal geschickt;
und des weitren lässt sich streichen dieses ewige Vergleichen.
Wir Nornen ziehen Fäden aus den Hirngespinsten,
auch auf Spinnwebfäden lässt sich Seiltanz üben,
bist du leicht genug, kommst du unbesorgt nach drüben,
die Gedanken- und die Goldbeschwerten stürzen oft am schlimmsten.
Die Welt, die schuf sich einfach aus sich selbst heraus,
ohne großes Getöse, Vorstellung und Wille,
sie ging in die Unendlichkeit, weitete sich aus,
Vogel Phönix verließ das Weltenei als eine Hülle,
flocht im Baum des Lebens Nest und Haus,
und sank zurück in Traum und Stille.
Tiefsamtene Schwärze des Weltenalls, mit glimmernden Sternen bestickt. Des Raumes unendliche Stille, nur selten erklangen die fernen Laute, Sphärengesang. Dann wieder . . . Stille. . . All das umhüllte mich. Und ich erriet Kalindi, die Nachtweberiin. Sie war es, die mir diese ferne Reise gebot. Ich war der Weltenwanderer
Es zog mich eine Welt in ihren Orbit, in ihren Bann. Eine so fremde Welt, in Bläue wolkenumhüllt, gesegnet mit dem Reichtum des Lebens, und ich verließ die tiefsamtene Schwärze, ich begab mich in meine schützende Hülle, Kalindi zerschnitt die silbernen Fäden. Ich sank, ich versank, in die Bläue, wolkenumhüllt, ich sank in die wallenden Nebel, ich versank in das pochende Grün.
Hier denn endeten meine Erinnerungen. . .
Als ich erwachte, wies der Stämme rissige Borke in das falbe Laub, das geheimnisvolle Grün der Föhren in die fahle Bläue des Himmels, aus dem ich wohl kam. Um mich das Märchenland des fremden Waldes, die im leisen Winde flüsternden Fichten. . . Wie fremd war mir das alles, wie nah, wie vertraut. . .
Mir näherte sich eine Welt
Mir näherte sich eine Nacht
Es war Kalindi, die mich begleitete in diese Nacht, Kalindi, die Nachtweberin. Und sie wob die Fäden in meine Gedanken, und alles das wob sie hinein: Die Erinnerungen, die Bilder, die Töne, die Klänge, die Ahnungen. Dann blickte sie mich an mit ihren tiefschwarzen Nachtaugen, Kalindi, die Nachtweberin und fragte stimmlos: "Wann ist eine Geschichte eine wahre Geschichte?"
Und in mir woben die Fäden, und in mir wob das Verstricken, und in mir wob die Ahnung, welche von den Ahnen kam, und in mir wob das Wissen, dass es keine Möglichkeit gab, nicht in die Verstrickung zu gehen, und dass ich nur die Möglichkeit hätte, zwischen den Verstrickungen zu wählen, welche an Vielzahl die Sterne übertrafen. Da blickte sie mich an mit ihren tiefschwarzen Nachtaugen, Kalinidi, die Nachtweberin und fragte stimmlos: "Wann ist die Geschichte eine wahre Geschichte?"
Und im Zögern des Gehens, im Zögern der Schritte, im Zögern auf der Schwelle noch, wo die Nachtkräuter schweren Duft verströmen, hörte ich die stimmlose Frage: "Folge deinem Herzen! Welchem deiner drei Herzen möchtest du folgen?" Und ich lauschte dem ersten Herz, dem unermüdlichen Trommler, und ich lauschte, und die Trommel trug mich in die Gefilde der Kindheit, in die Türme der Nacht, in den Keller der Einsamkeit, und ich wusste, wenn sich die Tür wieder öffnet, dann kommen die Schläge. . .
Und im Zögern des Gehens, im Zögern der Schritte, im Zögern auf der Schwelle noch, wo im Dunkel die Wesen wispern, hörte ich die stimmlose Frage: "Folge deinem Herzen! Welchem deiner drei Herzen möchtest du folgen?" Und ich lauschte dem zweiten Herz, dem Wärmestern, und ich fühlte die Wärme, das Rosa aller Sehnsucht in mir, und ich wusste, wenn sich die Tür wieder öffnet, dann kommt das unendliche Bleiben. ..
Und im Zögern des Gehens, im Zögern der Schritte, im Zögern auf der Schwelle noch, wo das Dunkel samten greifbar wurde, hörte ich die stimmlose Frage: "Folge deinem Herzen! Welchem deiner drei Herzen möchtest du folgen?" Und ich lauschte dem dritten Herz, und es war das schwere Herz, dem ich lauschte, und es war keine Hand da, mir das schwere Herz zu tragen. . .
Es war Kalindi, die mich begleitete diese Nacht, Kalindi, die Nachtweberin. Und sie wob die Fäden meiner Gedanken, und alles das wob sie hinein: Die Erinnerungen, die Bilder, die Töne, die Klänge, die Ahnungen. Dann blickte sie mich an mit ihren tiefschwarzen Nachtaugen, Kalindi, die Nachtweberin und fragte stimmlos: "Wann ist eine Geschichte eine wahre Geschichte?"
Und ich fasste mein Herz und übertrat die Schwelle.
Anmerkung: Kalindi die Nachtweberin hat nichts mit der hinduistischen Göttin Yamuna gemein, die in der späteren Literatur so genannt wird. Eines spiegelt sich vielleicht in der Namensgleichheit wieder, nämlich dass der Zwillingsbruder von ihr Yama, der Gott des Todes, ist.
Texte und Stimme: Dingefinder
Musik: Derselbe, Kantele, Handharmonium, Keyboard, Querflöte, Xylophon
LyRa steht für LyrikRadio, die Collage aus Bildern habe ich beigefügt, da YouTube nun einmal auch ein visuelles Medium ist. Hier danke ich Anka Röhr, dass ich einige ihrer Bilder verwenden durfte. Der link zu ihrem Facebook-Profil
Auch habe ich Bilder der 2017 verstorbenen Fredelsloher Künstlerin Andrea Rausch verwendet, mit freundlicher Genehmigung der Hedi Kupfer Stiftung Fredelsloh als Nachlassverwalterin.
Weder mein Youtube-Kanal noch mein Blog sind monetarisiert.
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