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Sonntag, 28. Mai 2023

Fast ein Jahr - Die Zukunft aller Gegenwart heißt Vergangenheit (V)

 


Fast ein Jahr  -  Die Zukunft aller Gegenwart heißt Vergangenheit (V)


I
ch nutze die Stille der Stunden
mich neu zu erspüren,
weiß nicht,
wohin diese Stunden mich führen,
ich möchte in Stille gesunden

Ich möchte die späten Tage noch segnen,
länger im Kreise der Lieben sein,
grüßen die Tage mit süßem Wein,
dem Du in allem begegnen



So etwa wäre abgeschiedenes Leben:
Wenn die Zeit stille steht
auf ihre Weise,
zwar bewegt leiser Wind kleine Zweige -
manches Mal, und seltener noch
fliegt ein kleiner brauner
Vogel auf,
um wieder zu entschwinden
in der Taxushecke -
sonst kaum etwas,
das sich regt
und zeigt,
dass Erde und Welt
sich weiter dreht



Einfachheit

Des Morgens
die stille Hütte
am Berge

Berglilien
stehn in der Sonne,
tropfenbehangen



Außer Kraft gesetzt
dieses:
„Es muss immer etwas geschehen!“
Reicht nicht ein
Spätsommersonnenstrahl,
reichen nicht
die im leisen Winde ruhig
sich bewegenden kleinen Zweige;
der kleine graubraune Vogel,
der sein Versteck
in der Taxushecke aufsucht?

Nie war das Leben näher



Wenn die Stille innen
nach Dir greift,
lerne zu segnen

Wenn sich die Stille
in Dir weitet,
lerne zu danken

Wenn die Stille beginnt
Dir dein wehes Herz zu wärmen,
lerne zu singen

Ein Gefäß sei Dein Gesang,
eine Schale,
in der sich lebendige Wasser finden,
die glänzenden Sterne
zu spiegeln

Dieser Zyklus ist begonnen worden letztes Jahr (2022) im August, als ich wegen einer Herzoperation mit der so ganz unlyrischen Bezeichnung "Mitralklappen-Rekonstruktion" im Krankenhaus war. Das Schreiben daran wurde in der anschließenden Reha und in meiner Zeit der Rekonvaleszenz fortgesetzt. Endlich kam ich dazu, ihn ins Reine zu schreiben und abzuschließen. Dieses ist der fünfte Teil.

Die Illustration ist von Ferenczy Károly (1862 - 1917) „Landscape in Springtime with the Flower Hill“ (1899)

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