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Mittwoch, 24. Mai 2023

Fast ein Jahr - Die Zukunft aller Gegenwart heißt Vergangenheit (I)

 



Fast ein Jahr - Die Zukunft aller Gegenwart heißt Vergangenheit (I)



                                                       Wie soll ich in die Zukunft schauen,
                                                                             wo es doch Zukünfte gibt,
                                                                          welche Zukunft wir erbauen
                                                                                           obliegt ganz uns,
                                                                               . . . wenn wir uns trauen.


Schäfchenwolken
grüßen ins Exil -
was war denn mit dem Feiern?
Da war nicht viel - - -

die Münze ward geworfen -
von welcher Hand?
Kopf oder Zahl?
noch dreht sie kreiselnd,
wir: gebannt   -

gebannt von Ängsten,
die in uns entfesselt wurden,
wo wir sie doch tief vergraben dachten,
das war dann alles, was wir brachten:
wir aßen, tranken viel zu viel
auf begrenzter Erde
und nahmen Rubelrollen Aktien Dunkles Gold -
wir stehen der Vergänglichkeit im Sold

Ringsum - ach - Tote sinds,
sind Flüchtende,
Sieger sehen anders aus,
das also war der Sommer nun

Dort - in dem andern Land,
dem mit den Schützengräben -
dort - welche Fluchten?
Wohin mit unsrem Tun?

So jung seid Ihr,
duftend noch pfirsichsüß,
wolltet doch Frühling und Liebe erfahren,
und bekamt dann dies:
unter glühendem Himmel die Granaten
werfen etwas Euch Fremdes zu -
das also war der Sommer nun

Wir - in den gemachten Betten,
Frieden so lang,
wir haben doch schon gelebt!
Kennen Waldessaum und Frauenherz,
haben oft fröhliches Los gezogen,
und wenn in unsere Dämmerstunden
die Meere rauschen,
wissen wir:
sie sind unser gewogen -

was aber bleibet Euch?


Wie die Wogen der Meere atmet
die Zeit die Tage ein und aus,
und das gestrige Heute
ist wieder ein morgen -
wo sind die Schwestern hin ,
die letztens noch weißwollig
am Himmel zogen?
Kein Wölkchen am Himmel,
keine Schrift am Himmel,
und doch ein Menetekel

Die Sorge um die Gärten wächst

Tod sollte sein
ein sanft Hinübergleiten im Kreise unsrer Lieben,
Abschiedsfeier, Segen, Kuss auf die erkaltende Stirne
Dämmerstunde mit guten Grüßen ins andere Land des Seins


In meine Dämmerstunde
fallen dunkle Träume,
ich möcht zum Sterben irgendwann
in die stillen dunklen Wälder gehen,
und niemand bräucht mehr
hinterher zu räumen -
Gut gelebt:
Das also war der Sommer nun


Dieser Zyklus ist begonnen worden letztes Jahr (2022) im August, als ich wegen einer Herzoperation mit der so ganz unlyrischen Bezeichnung "Mitralklappen-Rekonstruktion" im Krankenhaus war. Das Schreiben daran wurde in der anschließenden Reha und in meiner Zeit der Rekonvaleszenz fortgesetzt. Endlich kam ich dazu, ihn ins Reine zu schreiben und abzuschließen. Dieses ist der erste Teil.

Zum Bild: "Vision of the future" veröffentlicht von der deutschen Margarinefirma Echte Wagner im Jahr 1930 als Sammelbild. Es kam mit folgender Bildunterschrift: "Drahtloses Privattelefon und Fernsehen. Jeder hat jetzt seinen eigenen Sender und Empfänger und kann mit Freunden und Verwandten kommunizieren. Aber auch die Fernsehtechnik hat sich so verbessert, dass die Menschen in Echtzeit miteinander sprechen können. Sender und Empfänger sind nicht mehr an ihren Standort gebunden, sondern immer in eine Box der Größe einer Kamera gelegt. "

Verlag: Holsteinsche Pflanzenbutterfabriken Wagner & Co. GmbH, Elmshorn in Holstein 1929. Für mich persönlich interessant ist, dass mein Vater in der Margarinefabrik in Elmshorn arbeitete, allerdings nach dem Krieg. Bei uns zu Hause waren dementsprechend die Sammelbände vollständig vorhanden, die ab 1945 herauskamen. Der Zukunftsband leider nicht.

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