Es gibt die einen und es gibt die anderen Seiten. In diesem Blog möchte ich als Dingefinder die anderen Seiten desselben publizieren. Denn diese machten sich auf ihre Art selbstständig. . .
Walther
Eidlitz, geboren am 28. August1892 in Wien; gestorben am 28. August
1976 in Vaxholm in Schweden) war ein österreichischer Schriftsteller
im Bereich von Lyrik, Erzählung und Drama. Später widmete er sich
dem Studium der Geistesgeschichte Indiens.
Im
Hinblick auf sein Interesse an der indischen Religion und Philosophie
verließ er seine Familie in Wien und reiste nach Indien, wo er von
1938 bis 1946 und von 1950 bis 1951 auf der Suche nach Got lebte.
Als Österreicher wurde er während des Zweiten Weltkrieges in
Indien interniert. 1946 zog Eidlitz nach Schweden, wo er auch starb.
(Wiki)
Dieses
Gedicht tauchte in einer Ausgabe von Franz Pfempferts Zeitschrift Die
Aktion von 1917 auf, gefolgt von der Rubrik Verse vom Schlachtfeld,
worin sich dann solche Zeilen fanden:
„Gott
stürzt, Gott fällt, / Mit ihm das All. / Aufflammt die Welt / Gott
stirbt und Gott ist tot / Sein Werk zerschellt, / Gerichtet durch /
Warum. (Ernst Rieser)
„Urlaubsende
/ Bald ist nun wieder endlose Qual! / Heimweh ist tief in uns, /
müde, gebrochene Wünsche umstehen uns / und schlagen in grauen,
wimmernden Nächten / die verglommenen Augen auf. (Edlef Köppen)
Dann
wieder, in einer vorangegangenen Ausgabe, mitten in den Versen vom
Schlachtfeld dies von Walther Eidlitz:
Und
wieder vor diesem und nach diesem Gedicht Zeilen solcherart: „Tags
fließen oft aus dem großen Dunkel Deiner Augen / die zerrissenen
Chausseen, / die nächtlich unter uns zuckten. (Edlef Köppen)
„Tornister
zerfetzte. . . / . . . / In den Trichtern gekauert, Menschen wie
Lehm- / klötze; immer ist Wasser in den Stiefeln, Bart / wuchs,
wilder Stahlhelm, nur Augen flim- / ern: „Ich lebe noch.“ (Rudolf
Hartig)
„Wenn
eure Kreatur einanderfraß, / Ob nicht Gefühl bei ihrem Kriege saß?
// Doch. . Straßenbäume. . stehn entwaldet, stier, /
Laternengleich, fast lichtlos, einzeln: Wir!“ (Alfred Wolfenstein)
Dass
der mutige überzeugte Pazifist Franz Pfempfert seine Zeitschrift Die
Aktion ohne Zensur durch die Kriegsjahre 1914 - 1918 gesteuert hat,
finde ich immer wieder beeindruckend. Doch diese Konstellation von
Texten hat mich persönlich noch betroffener gemacht, als die von ihm
veröffentlichten Verse vom Schlachtfeld ohnehin. Und ja, ich denke,
kaum etwas ist wichtiger, als zu sagen: „Sie
könnten Gärten haben / Und Felder und eigenen Wein“.
Das
Bild ist von August Macke, geboren
1887, er „fiel“ am 26. September
1914 bei Pertes-lès-Hurlus, Champagne.
Die Reise nach des Tenderenda nach Ninidanda -Eine Collage
Frühjahr 1967, die Beatles sind
dabei, ihr Album Sgt. Pepper´s Lonely Hearts Club Band aufzunehmen. Für den
Song Being fort he benefit of Mr Kite schwebte John Lennon eine echte Kirmesstimmung
vor. Im Archiv der Abbey Road Studios fanden sich Tonbänder mit Ausschnitten
von Märschen, gespielt von Dampf- und Jahrmarktsorgeln. Kopien dieser Bänder wurden von
Toningenieur Geoff Emerick in
kleine Schnipsel zerschnitten
und willkürlich wieder zusammengeklebt. Heraus kam dabei eine chaotische Klangcollage, die Lennon gefiel. Teile dieses Bandes wurden unter
das Ende des Liedes gemischt und lassen es ausklingen. Es gibt eine Lesart
dieses Vorganges, die besagt, dass Emerick die Schnipsel in die Luft warf und dann
wieder zusammen fügte. Das wäre dann dem Vorgehen der ersten Dadaisten
geschuldet, die ähnliches mit Zeitungsschnipseln taten.
Tenderenda, der Phantast ist das
alter ego des Schriftstellers und Dichters Hugo Ball. Zusammen mit seiner
späteren Frau Emmy Hennings hob er Februar 1916 in Zürich das Cabaret Voltaire
aus der Taufe, das war die Gründung von Dada. So ist diese „Reise nach
Ninidanda des Tenderenda-Eine Collage“ auch eine Hommage an Hugo
Tenderenda Ball selbst.
Verwendet wurden in dieser Collage
Schnipsel von: Augusto Giacometti, Sarah
Stilwell Weber, Léon Spilliaert, Hugo Ball, Luisa Francia, Neu!, Karlheinz
Martin, Stefania Buzatu, Dave McKean, Aldous Huxley (Klaus Buhlert), Albert
Einstein with Elsa (driving a flying car), Monty Python, Arthur Browns Kingdome
Come, Len Lye, Eroc, Synapson & Bonga, Alan Ginsberg, Johann Wolfgang von
Goethe, Väter der Klamotte, Sebastian Droste, Władysław Starewicz,Tangerine Dream, Gusto Gräser, White Noise ( feat. Delia Derbyshire), Oskar
Maria Graf, Peter Thomas Sound Orchester, Ash Ra Tempel with Timothy Leary, Sally
Rand, Charly Chaplin, Mythos, The Beatles, Richard Wilhelm (Übersetzer), Ken Kesey,
Gary Snyder, Hans Leybold, Der Club der toten Dichter, Hector Hoppin and Anthony Gross, Moondog und anderen
(falls ich jemanden vergessen haben sollte).
Einige Anregungen habe
ich Joachim Deicke zu verdanken und seiner Pops tönender Wunderwelt.
Dingefinders
LYRA: LYRA ist die Abkürzung für LYrikRAdio und bezieht sich auf die Audiospur.
Die Bilder sind für YouTube dazu gekommen. Das Projekt verfolgt keinerlei kommerzielle
Zwecke, weder der Blog (Die Anderen Seiten) noch der YouTube-Kanal sind
monetarisiert. Die Reihe wird fortgesetzt.
Zum Geleit
Wo wäre denn
Ninidanda? Ach, immer werden die richtigen Fragen nicht gestellt. Das ist seit
altersher bekannt. Vielleicht wäre es sinnvoller, erst einmal zu klären, was
Ninidanda eigentlich sei. „Seien wir
neu und erfinderisch von Grund aus. Dichten wir das Leben täglich um.“, schrieb Hugo Ball in seinen Aufzeichnungen
„Flucht aus der Zeit“. Das ist ungefähr hundert Jahre her. Es ist an der Zeit,
nicht mehr zu flüchten. Es ist an der Zeit einen Ort in der Zeit zu finden. „Zeit ist eine Illusion, doch je mehr du
davon hast, um so realer wird sie“
(Luisa Francia)
Hinter uns liegen ein paar
Milliarden Jahre Entwicklung und ein bisschen Ewigkeit. Das ist viel. In der Fülle
immer hungrig. Das ist schade. Ein Ort in der Zeit. Ich beginne die Reise.
Jederzeit.
"Unsterblichkeit
ist nicht jedermanns Sache" (Kurt Schwitters) Doch vielleicht ist die
Collage die Kunstform der allgegenwärtigen Ewigkeit.
Tenderenda
Ein astrales Märchen. Eine Art
himmlischen Puppenspiels. Drei Teile lassen sich deutlich unterscheiden. Der
erste: ein mystisches Erlebnis der Eheleute Goldkopf. Eine weiße Lawine kommt
ihnen zu Besuch, eine sich steigernde Reinheit und Helle wächst ihnen zu. Ihr Haus
liegt über dem Abgrund und an der Fabelwiese, auf der der Buchstabenbaum
einhergeht. Das ist jener Baum, von dem die poetischen Adam und Evas essen.
Zärtliche Allegorien in Tiergestalt treten auf. Traumhaft die Notenständer des
Lachens, die Tenderenda bei Lebzeiten verteilte. Der zweite Teil ist die
Ballade von Koko dem grünen Gott. Das ist der Phantastengott. Von ihm kommt
alle Glückseligkeit, solang er in Freiheit die Flügel schwingt. Setzt man ihn
aber gefangen, so rächt er sich durch Verzauberung derer, die ihm die nächsten
waren. Der dritte Teil ist ein Epilog des Ehepaars Goldkopf. Es schüttelt den
Staub seiner Zeit von den Füßen und prophezeit ein Ende der Gottlosen und der
Verzauberung. Den Kehraus macht, wie es recht und billig ist, ein Vers des
Herrn Dichterfürsten Johann von Goethe.
Du kleiner Schelm du!
Daß ich mir bewußt sei,
Darauf kommt es überall an.
Und so erfreu ich mich
Auch deiner Gegenwart.
Und hast du mit Staunen
Das Leuchten erblickt,
Ich lieg dir zu Füßen,
Da bin ich beglückt!
GoetheAus: Gedichte,
West-östlicher Divan, das Schenkenbuch und Sehnsucht, letzter Vers und. . .
Man schreibt Sommer 1914. Eine phantastische
Dichtergemeinde wittert Unrat und faßt den Entschluß, ihr symbolisches
Steckenpferd Johann rechtzeitig in Sicherheit zu bringen. Wie Johann sich erst
sträubt und dann einwilligt. Irrfahrten und Hindernisse unter Führung eines
gewissen Benjamin. In fernen Ländern begegnet man dem Häuptling Feuerschein,
der sich als Polizeispitzel entpuppt. Daran geknüpft historiologische Bemerkung
über die Niederkunft einer Polizeihündin in Berlin.
. . .die ihre Uhren vom Dach schmissen um eine
Ewigkeit jenseits der Zeit
zu wählen. . .
Aus: Allen Ginsberg-Howl
Träumte durchs Leben zurück,
durch deine Zeit – und meine, die auf den Weltenbrand, immer schneller,
dahinjagt,
den allerletzten Moment – die Blume brennt im Tag – und was danach kommt. . ..
Allen Ginsberg Kaddish
Ich selbst, jedenfalls,
vielleicht so alt wie das Weltall – und das stirbt wohl mit uns – genug, um
alles Kommende auszulöschen – Was immer auch kam, ist immer auf ewige Zeiten
vergangen . . .
Allen Ginsberg, Kaddisch
Ich selbst, jedenfalls,
vielleicht so alt wie das Weltall – und das stirbt wohl mit uns – genug, um
alles Kommende auszulöschen – Was immer auch kam, ist immer auf ewige Zeiten
vergangen . . .
Allen Ginsberg, Kaddisch
„Als Knabe bin ich einmal in einen
tiefen Brunnen gefallen, aus dem ich viele Jahrzehnte lang nicht mehr heraus
konnte. Da war ein Unsterblicher, der führte mich zu diesem Kraut. Man muss
aber durch rotes Wasser, das ist so schwach, dass keine Feder darauf schwimmen
kann. Alles, was darauf kommt, sinkt in die Tiefe. Der Mann zog einen Schuh aus
und gab ihn mir. Auf dem Schuh fuhr ich über das Wasser, pflückte das Kraut und
aß es. Die Leute an jenem Ort weben Matten aus Perlen und Edelsteinen. Sie
führten mich in einen Raum, davor war ein Vorhang aus einer bunten, dünnen
Haut. Sie gaben mir ein Kissen aus schwarzem Nephrit geschnitzt, darauf war Sonne
und Mond, Wolken und Donner eingeschnitten. Sie deckten mich zu mit einer
feinen Decke, die war aus den Haaren von hundert Mücken gesponnen. Diese Decke
ist ganz kühl und im Sommer sehr erfrischend. Ich befühlte sie mit der Hand, da
schien sie mir aus Wasser zu sein; als ich näher zusah, da war es lauter
Licht.“
Aus Morgenhimmel, ein Chinesisches Märchen. „Chinesische Volksmärchen - gesammelt und aus
dem Chinesischen übertragen von Richard Wilhelm“, Leipzig 1914.
Was nun Dichter angeht,
die Erd-Dichter, die kleine Gedichte schreiben, brauchen Hilfe von niemand.
Gary Snyder
Die Transsubstanziation
der Oblate und des Weins in Leib und Blut des Heilands . . gibt das Theorem des
lyrischen Gedichts. Notwendig erscheint der Glaube an die Möglichkeit: Visionäres
zu fixieren.
Es soll
nicht gesagt werden, daß grundlegende Faktoren allein, zwingend Lyrisches
bedingen. Komparserie und Weihrauch . . sind erforderlich.
Bleibt zu
notieren: daß das Originäre nicht absolut primär zu sein hat (Zeugung und Geburt!):
wie das Erlebnis das Wort herbeiziehen kann (herbeizieht): so kann das Wort zum
Erlebnis führen.
Hans Leybold
„Wozu bin ich? Wozu nutzt dieses Leben? Die Antwort: Damit du hier bist."