Seiten

Freitag, 20. Dezember 2024

Zur Erinnerung an Anita Augspurg

 



Zur Erinnerung an Anita Augspurg

„Vor allen Dingen wird eine gebildete Frau, die in ihrer Bildung die Waffen findet, sich auf eigenen Füßen in der Welt behaupten, nicht blindlings jede Ehe eingehen, nur weil es ihr von anderen eingeredet wird, sie müsse heirathen.“

Zum Andenken an Anita Augsburg, Frauenrechtlerin und Pazifistin, die am 20. 12. 1943, im Alter von 86 Jahren in ihrem Schweizer Exil starb.

Kompromisslos hat Anita Augspurg ihre Meinung vertreten –-zum Beispiel, wenn sie das politische Stimmrecht forderte, das man den Frauen im Deutschen Kaiserreich hartnäckig verweigerte. 1893 wechselte sie zum Jurastudium nach Zürich, weil Frauen in Deutschland auch der Zugang zur Universität verschlossen war. In die Heimat zurückgekehrt nahm Augspurg als promovierte Juristin das veraltete Ehe- und Familienrecht ins Visier. „Für eine Frau von Selbstachtung, welche die gesetzlichen Wirkungen der bürgerlichen Eheschließung kennt, ist es nach meiner Überzeugung unmöglich, eine legitime Heirat einzugehen: ihr Selbsterhaltungstrieb, ihre Achtung vor sich selbst und ihr Anspruch auf die Achtung ihres Mannes lässt ihr nur die Möglichkeit einer freien Ehe offen.“

Unter dem Eindruck des Ersten Weltkrieges intensivierte Augspurg ihr pazifistisches Engagement. Sie war eine der Initiatorinnen des Haager Frauenfriedenskongresses von 1915, einer Zusammenkunft internationaler Stimmrechtlerinnen, die Frauenrechte und Rechtsstaatlichkeit nicht nur innerhalb nationaler Grenzen verwirklichen wollten, sondern auch auf internationaler Ebene. Die Frauen von Haag plädierten nicht nur für einen sofortigen Frieden ohne Bedingungen, sondern auch für nachhaltigen Friedenserhalt mithilfe von internationalen Organisationen und Schiedsgerichten. Das, was nach dem Zweiten Weltkrieg mit der Uno verwirklicht werden sollte, war in Den Haag bereits angedacht worden.


Öffentliche Resonanz konnte Augspurg mit diesen pazifistischen Forderungen jedoch kaum erzielen – zumindest nicht in Deutschland. Sie erhielt kurz nach dem Haager Frauenfriedenskongress ein Publikations- und Betätigungsverbot, das bis zum Ende des Ersten Weltkrieges in Kraft blieb.

Auch Hitlers Gefährlichkeit war ihr bewusst, als sie Anfang 1923, das heißt Monate vor dem Hitler-Putsch im November 1923, seine Ausweisung nach Österreich forderte.

1933 war Deutschland für Augspurg als dezidierte Gegnerin des Nationalsozialismus kein sicheres Land mehr. Sie emigrierte 76-jährig mit ihrer Lebensgefährtin Lida Gustava Heymann. In Zürich lebten die beiden Freundinnen äußerst bescheiden, nachdem man ihre Vermögen in Deutschland eingezogen hatte und sie auf Zuwendungen von Freunden und Freundinnen angewiesen waren. Augspurg starb 1943 ein paar Monate nach ihrer Lebensgefährtin im Schweizer Exil.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen