Es geht ein Lied vom Sommerhauch getragen,
ein Lied aus fernen Fernen geht umher.
Hörst du die Blumen fragen?
Er ist ein Wanderer. . .
An stillen Nachmittagen. . .
An stillen Nachmittagen sang ich’s in die blauen Lichter,
Wenn meine Mutter murrte, weil ich müßig war,
Ich sang es in den Hohn der Bösewichter
Und blieb ein Dichter und ein Narr.
Es gingen viele stille Nachmittage
An meinem großen Schmerz vorbei,
Da wurde es zu einer frommen Frage,
Ein braver Spruch und bald ein stolzer Schrei.
Ich lernte es von einem Spielmann rasch und froh,
Wie man es singt und nimmermehr vergisst,
Von einem Spielmann, der in einem alten Volkslied wo
An einem Frühlingstraum gestorben ist.
Du lege deinen Kopf in meine Hände,
Es dämmert die Dezembernacht,
Und sing es in der Dunkelheit zu Ende,
Was ich im Lichte mir erdacht.
Ich will mit dir in deine Länder fahren
Und deine leisen Engel sehn;
Dir meine Seele offenbaren,
In deiner Seele untergehn.
Victor Hadwiger, 1878 - 1911
1899 begann er ein Studium der Literaturgeschichte und Philosophie in Prag. Daneben verkehrte er im neoromantischen Literaturzirkel „Jung-Prag“, wo er u. a. mit Paul Leppin und Hugo Wiener, aber auch mit dem zehn Jahre älteren Bürgerschreck Gustav Meyrink nähere Bekanntschaft schloss und bald zu einer der markantesten Figuren der künstlerischen Bohème avancierte. „Leppin und Hadwiger erschienen meist zwillingsbrüderhaft gemeinsam. Sie waren beide sehr groß und trugen enorme Hüte, fielen auch auf der Straße auf. Beide sehr blaß, bunte Künstlerkrawatten flatterten um ihren Hals“, erinnerte sich rückblickend Max Brod in seinen Aufzeichnungen über den „Prager Kreis“. Im Frühjahr 1903 zog er nach Berlin, um sich dort durch die Mitarbeit an der „Vossischen Zeitung“ und eigene literarische Arbeiten seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Sein im gleichen Jahr erscheinender Lyrikband Ich bin verhalf ihm hier zu einem viel beachteten Einstand. 1911 erschienen Victor Hadwigers Novelle „Der Empfangstag“ sowie die beiden Liebesgeschichten „Blanche“ und „Des Affen Jogo Liebe und Hochzeit“. Eine sich nun langsam abzeichnende erfolgreiche Schriftstellerkarriere beendete jedoch sein plötzlicher Tod am 4. Oktober 1911.
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