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Donnerstag, 9. Februar 2023

Die Gärten, die Hütten bauen - Über Gusto Gräser

 

Wir brauchen einander. Dies einzusehen ist die Grundlage für eine friedliche Weltordnung unter uns Menschen und mit unseren Mitlebewesen im Mineralien-, Pflanzen- und Tierreich. Frieden kann es nur dann geben, wenn wir in Frieden mit der Natur leben. Der Mensch der Zukunft wird im Einklang mit der Schöpfung leben müssen, wenn er überleben will“ Gusto Gräser, geboren am 16. 2. 1879 in Kronstadt, Siebenbürgen war Künstler, Dichter, konsequenter Aussteiger, Pazifist, Wanderer, Urhippie.

Sein Bruder Karl war Mitbegründer einer der ersten Aussteigerkommunen, die im Herbst 1900 in der Nähe von Ascona (Schweiz) entstand, dem Monte Verità. Auch Gusto zog in diese Kommune, die er jedoch nach kurzer Zeit wieder verließ, um am Monte Verità als Einsiedler in einer Höhle zu leben.

Hermann Hesse lernte Gräser um 1900 kennen; dessen Gestalt und Denken wird schon in „Camenzid“ sichtbar. Im Frühjahr 1907 folgte der Dichter seinem "Freund und Führer" auf den Monte Verità, lebte mit ihm zusammen in einer Grotte der Südalpen, versuchte sich wochenlang, fastend und nacktlaufend, als Einsiedler in den Felsen. Zwar scheiterte dieses erste "Noviziat" an seiner eigenen Schwäche, doch nach zehnjähriger Entfremdung kehrte Hesse 1916 reumütig in die Arme des Freundes zurück. Im Zusammensein mit ihm erfuhr er eine seelische Wiedergeburt, die große Wandlung seines Lebens. In Gräser erlebte er den Führer zum eigenen Selbst, in dessen Frau Elisabeth ein Abbild der Großen Mutter.

Der ehemalige Kriegsfreiwillige wandelte sich jetzt zum entschiedenen Kriegsgegner und Vorkämpfer der Gewaltlosigkeit. Im zweiten Teil des „Demian“ hat er seine Erfahrungen dichterisch gestaltet, in Essays und Aufrufen seine neue Gesinnung dargetan.

Gusto Gräser lehnte den Kriegsdienst zum ersten Weltkrieg konsequent ab. Im Herbst 1915 aus Deutschland ausgewiesen, verweigert er in Österreich den Dienst an der Waffe, wird zur Erschießung verurteilt (die mit Platzpatronen vollzogen wird), landet für drei Monate als "asoziales Element" in der Irrenanstalt, um dann wieder in seine Höhle am Monte Verità zurück zu kehren.

1920 zog er mit einer „Neuen Schar“ aus jungen Männern und Frauen singend, tanzend und spielend durch Thüringen. (Diese "Junge Schar" wurde zur Blaupause für Hermann Hesses Erzählung "Morgenlandfahrt").

Zum zweiten Mal aus Bayern ausgewiesen, kam er 1927 nach Berlin, wo er im Anti-Kriegsmuseum von Ernst Friedrich arbeitete und lange Reihen von „Öffentlichen Gesprächen“ am Alexanderplatz abhielt.

Von Berlin aus zog er in einem Eselwagen mit seinem Schwiegersohn Otto Großöhmig durch Deutschland, seine Schriften verteilend und verkaufend. Die Fahrt im Eselwagen endete für Großöhmig nach der NS-Machtübernahme 1933 im Konzentrationslager. Nachdem Gräser selbst von den Nazis mehrfach verhaftet und mit Schreibverbot belegt worden war, wurde ihm der Boden in Berlin zu heiß. 1940 verkaufte er sein Wohnboot auf dem Seddinsee nahe Grünau und flüchtete nach München, wo er in den Dachkammern von befreundeten Professoren die Jahre des Terrors überstand, am Ende halbverhungert. In dieser Zeit entstanden seine späten Hauptwerke, das Siebenmahl und das an Stuttgart adressierte Brieflein Wunderbar. Er starb 1958 völlig vereinsamt und unbemerkt im Münchner Stadtteil Freimann.

Für mich ist Gusto Gräser ein Vorbild an Konsequenz und Einstehen für das eigene Denken, Handeln und Leben. Es gäbe noch so viel zu erzählen über ihn. Dankenswerterweise gibt es im Netz eine Seite über ihn. Zum Stöbern und Weiterlesen empfohlen: Gusto Gräser Info


"Erst wo wir hinter dem Grauen,
zum grünen Walde gesellt,
die Gärten, die Hütten bauen.
Bildung und Wildung trauen -
da erst tritt der Mensch
in die Welt!"

Das Foto zeigt Gusto Gräser 1945 in München



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