Das fünfte Abendlied
In des Abends samtnen Hafen
lenken hin die Häuser-Schiffe.
Siehe! Mond und Sterne trafen
sich in unsrer Stirnen Spiegel!
Wiese breitete die Schwingen,
Wald hob auf den dunklen Flügel.
Leise Wege um uns singen.
Unser Herz in nahen Gärten
leuchtete. Der Nacht Syringen
schlingen sich um uns, die warten -
warten, daß sich uns die Räume
füllen mit verwehten, zarten
Farben unsrer wachen Träume,
die sich magisch offenbarten.
Das sechste Abendlied
Wie wir in die Wiesen sinken,
segelt Mond, das ferne Schiff,
leise um des Waldes dunkles Riff.
Von der Stirn dir will ich trinken
Abendschein, der dich betaut,
und den nahen Himmel, der
unermeßlich tief erblaut.
Leise regt sich das Geflüster
naher Sterne. Milde wandern
Wolken, die im Osten landen.
Schwinden wir? . . . Schon düster
schwingt sich Weg den Bergen zu.
Bist du hier? . . . Am Horizont
stehst in Firmamenten du!
Walter Rheiner, aus: Insel der Seligen - Ein Abendlied 1918
Traum
Ich bin so vielfach in den Nächten.
Ich steige aus den dunklen Schächten.
Wie bunt entfaltet sich mein Anderssein.
So selbstverloren in dem Grunde,
Nachtwache ich, bin Traumesrunde
und Wunder aus dem Heiligenschrein.
Und öffnen sich mir alle Pforten,
bin ich nicht da, bin ich nicht dorten?
Bin ich entstiegen einem Märchenbuch?
Vielleicht geht ein Gedicht in ferne Weiten.
Vielleicht verwehen meine Vielfachheiten,
ein einsam flatternd, blasses Fahnentuch.
Emmy Hennings, aus: Deutsche Gedichte. Von Hildegard von Bingen bis Ingeborg Bachmann, hrsg. v. Elisabeth Borchers, Suhrkamp Verlag, Frankfurt a.M. 1987
In Villa Blanca
Ich will die stillen Stunden nicht entbehren
Die träume fliehen wie gepeitscht vom winde.
Ich soll die brüder lieder singen lehren
und reigen tanzen unter fahler linde.
Die Seele weint in ängstlichen gefühlen.
Ich kann die worte nicht zu klängen finden,
kann die gedanken nicht zu kränzen winden
Um roter wunde heißen brand zu kühlen.
Ich fliehe licht und schließe meine lider.
Ich sehne lippen und begehre wonne.
Mit kühlem gift durchdringet müde glieder
Ein traum, gewebt aus traurigkeit und sonne.
Ich jauchze auf in tönendem frohlocken.
Das heilige steht zu freiem eingang offen -
Die königin hat mich ins herz getroffen
Ich höre harfenton und kirchenglocken.
Richard Perls, aus: Blätter für die Kunst 1899
Syrinxliedchen
Die Palmenblätter schnellen wie Viperzungen
In die Kelche der roten Gladiolen,
Und die Mondsichel lacht
Wie ein Faunsaug’ verstohlen.
Die Welt hält das Leben umschlungen
Im Strahl des Saturn
Und durch das Träumen der Nacht
Sprüht es purpurn.
Jüx! Wollen uns im Schilfrohr
Mit Binsen aneinander binden
Und mit der Morgenröte Frühlicht
Den Süden unserer Liebe ergründen!
Else Lasker-Schüler, aus: Styx. Gedichte, 1902
Walter Rheiner: Als er 1914 zum Kriegsdienst berufen wurde, nahm Walter Rheiner erstmals Rauschmittel – er gab damit vor, drogensüchtig zu sein, um der Wehrpflicht zu entgehen. Trotz dieses Umstands wurde er eingezogen und mit Beginn des Ersten Weltkrieges an die russische Front beordert. Eine Entziehungskur scheiterte, sein Täuschungsversuch kam 1917 ans Licht, worauf er vom Dienst suspendiert wurde und nach Berlin übersiedelte. Aus seinem anfänglich gemäßigten Drogenkonsum entwickelte sich jedoch mehr und mehr eine Sucht nach Kokain und Morphinen, die ihm letztendlich zum Verhängnis wurde. In einer armseligen Unterkunft in der Charlottenburger Kantstraße setzte er seinem Leben am 12. Juni 1925 im Alter von 30 Jahren mit einer Überdosis Morphin selbst ein Ende.
Emmy Hennings, geboren am 17. Januar 1885 in Flensburg; gestorben am 10. August 1948 in Sorengo bei Lugano, Dichterin, Heilige und Hure, unter anderem Mitbegründerin des legendären Cabaret Voltaire 1916 in Zürich. „Ich habe eine Aversion gegen den Dadaismus gehabt. Es waren mir zu viele Leute entzückt davon.“
„Niemals hat die Dichterin auf der Sonnenseite gelebt und es leicht gehabt, vielleicht hat sie es auch niemals ernstlich sich gewünscht. Sie lebt lieber unter den Kämpfenden, Armen, Bedrückten, sie liebt die Leidenden, sie fühlt für die Verfolgten und Rechtlosen. Sie bejaht das Leben auch in seiner Härte und Grausamkeit und liebt die Menschen bis in alle Verirrung und Not hinein.“
Hermann Hesse über Emmy Hennings
Richard Perls (1873 – 1898), der früh verstorbene Dichter gehörte zum George-Kreis.
Else Lasker-Schüler, geboren am 11. Februar 1869, gestorben am 22. Januar 1945 in Jerusalem. Eine der mittlerweile bekanntesten deutschen Dichterinnen.
Sprecher und Gitarre: Dingefinder
Klavier: Verlah Voh
Geige: Ute C.
Perkussion: Erd Ling Judith
Keltische Harfe: Antje McInerney
Panflöte: Klaus der Geiger
Und die Glocken der Klosterkirche Fredelsloh
Walter Rheiner: Als er 1914 zum Kriegsdienst berufen wurde, nahm Walter Rheiner erstmals Rauschmittel – er gab damit vor, drogensüchtig zu sein, um der Wehrpflicht zu entgehen. Trotz dieses Umstands wurde er eingezogen und mit Beginn des Ersten Weltkrieges an die russische Front beordert. Eine Entziehungskur scheiterte, sein Täuschungsversuch kam 1917 ans Licht, worauf er vom Dienst suspendiert wurde und nach Berlin übersiedelte. Aus seinem anfänglich gemäßigten Drogenkonsum entwickelte sich jedoch mehr und mehr eine Sucht nach Kokain und Morphinen, die ihm letztendlich zum Verhängnis wurde. In einer armseligen Unterkunft in der Charlottenburger Kantstraße setzte er seinem Leben am 12. Juni 1925 im Alter von 30 Jahren mit einer Überdosis Morphin selbst ein Ende.
Emmy Hennings, geboren am 17. Januar 1885 in Flensburg; gestorben am 10. August 1948 in Sorengo bei Lugano, Dichterin, Heilige und Hure, unter anderem Mitbegründerin des legendären Cabaret Voltaire 1916 in Zürich. „Ich habe eine Aversion gegen den Dadaismus gehabt. Es waren mir zu viele Leute entzückt davon.“
„Niemals hat die Dichterin auf der Sonnenseite gelebt und es leicht gehabt, vielleicht hat sie es auch niemals ernstlich sich gewünscht. Sie lebt lieber unter den Kämpfenden, Armen, Bedrückten, sie liebt die Leidenden, sie fühlt für die Verfolgten und Rechtlosen. Sie bejaht das Leben auch in seiner Härte und Grausamkeit und liebt die Menschen bis in alle Verirrung und Not hinein.“
Hermann Hesse über Emmy Hennings
Richard Perls (1873 – 1898), der früh verstorbene Dichter gehörte zum George-Kreis.
Else Lasker-Schüler, geboren am 11. Februar 1869, gestorben am 22. Januar 1945 in Jerusalem. Eine der mittlerweile bekanntesten deutschen Dichterinnen.
Sprecher und Gitarre: Dingefinder
Klavier: Verlah Voh
Geige: Ute C.
Perkussion: Erd Ling Judith
Keltische Harfe: Antje McInerney
Panflöte: Klaus der Geiger
Und die Glocken der Klosterkirche Fredelsloh
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