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Samstag, 27. Juli 2024

Aus der Wortwerkstatt: Krieg und Frieden

 


















Anmerkungen


„Was ich liebe. . .“ von Thekla Merwin, aus dem Gedicht Mutter Erde, Arbeiter-Zeitung vom 19.9.1926


Thekla Merwin, österreichische Schriftstellerin, wurde am 25. April 1887 in Riga geboren.

1911 erschienen Merwins erste Publikationen, anfangs noch gezeichnet mit Thekla Merwin-Blech. Sie veröffentlichte Gedichte, Feuilletons, kurze Prosawerke und Dialoge in dutzenden Zeitschriften und Zeitungen, eine selbstständige Publikation kam jedoch nicht heraus. 1933 wurde sie Mitglied der Vereinigung sozialistischer Schriftsteller. Thekla und Magda Merwin wurden am 24. September 1942 in das KZ Theresienstadt deportiert. Mit dem Transport vom 19. Oktober 1944 wurden Mutter und Tochter ins KZ Auschwitz-Birkenau gebracht und am 20. Oktober 1944 in der Gaskammer des Krematoriums III ermordet.


Die Tabelle der Kriege im Teil III ist aus Wikipedia. Ich habe mich auf die Einträge ab 1957 beschränkt, meinem Geburtsjahr. Der erste dokumentierte Krieg fand im fünfundzwanzigsten Jahrhundert vor Christus statt, der Lagaš-Umma-Krieg in Südmesopotamien. Seitdem verging kaum ein Jahr auf Erden ohne einen bewaffneten Konflikt. Die Liste ist lang.



Sonntag, 14. Juli 2024

Topographie der Unwirklichkeiten

 



Topographie der Unwirklichkeiten

Die Besetzung der Worte,
meist unbemerkt
von den Sprechenden, von den Lauschenden,
Schattenarmeen verschieben Grenzpfähle,
Pakte werden geschlossen,
der Wortlaut verhüllt
in eingängige Phrasen,
wieder und wieder,
sorgsam geträufeltes Gift
in aller Ohren,
Heimlichtuer übernehmen lächelnd
(jenes süffisante, kaum merkliche Lächeln
der schlecht getarnten Überheblichkeit)
Terrain

Die Worte besetzt,
so auch die Gedanken ein besetztes Land,
widerstehe,
wenn der Wagenlenker
dir die Erleuchtung verspricht,
deren Preis es ist,
in den Krieg zu ziehen,
Erleuchtung ist es nicht wert,
dein pochendes Herz
zu verlieren

Das Herz ist namenlos,
ich vermag schwer zu benennen
was es umtreibt,
es sind die blühenden Linden vor dem Hause,
die Besorgnis um des Enkels
ungewisse Zukunft,
der brüchige Frieden, der uns umgibt,
das Summen der Bienen,
der leichte Wind,
welcher kleine Fliegen
im Schatten der Blutpflaume
tanzen lässt,
das Rollen der Traktoren am Sonntag,
die Gerste ist reif

Das Ahnen, das Wissen,
dass da etwas zu viel ist,
dass da etwas sich verkehrt:
der Überfluss der Steppen,
der Wälder, der Seen, der Meere
zerschmolz zu zwei Fischen
und fünf Laib Brot,
es klopfen die
Hungernden an unsere Türen

Der brüchige Frieden umgibt uns,
vergeblich die kleinen Fluchten,
doch ich bin so lindenleis gestimmt,
so friedvoll bienensumm,
mein Herz ein Wolkenweiß vernimmt,
es werden all die lauten Töne stumm

Schweige - schweige,
der Tag senkt sich zur Neige,
singe, sing es - und vergiss es wieder:
jeder Tag birgt neue Lieder



(Das Bild ist von Paul Klee (1879 - 1940)

Freitag, 5. Juli 2024

Monte Verità - Der Traum vom einfachen Leben

 



Monte Verità - Der Traum vom einfachen Leben

Im Herbst 1900 wurden Henri Oedenkoven und Ida Hofmann gemeinsam mit Karl Gräser, Gusto Gräser und Lotte Hattemer nach einigen Wochen des Suchens in Ascona fündig und kauften das Grundstück auf dem Monte Monescia. Mit Zukäufen von anderen Eigentümern erwarben sie vier Hektar. Sie gründeten ihre «vegetabile Cooperative», eine Siedlungsgemeinschaft auf zunächst veganer und später vegetarischer Grundlage, und gaben dieser 1902 den Namen Monte Verità. Hinter diesem Namen verbarg sich nicht der Anspruch der neuen Eigentümer, im Besitz der Wahrheit zu sein. Vielmehr sollte der neue Name das Bemühen, wahrhaftig zu leben, zum Ausdruck bringen.


Auf Arte gab es eine gute Dokumentation darüber, die jetzt wieder im Netz ist.

Donnerstag, 4. Juli 2024

Das Märchen vom Garten Sandosa - Eine Collage

 

1967 gründete sich in der Leopoldstraße in München eine Künstler-Kommune, Amon Düül. Der Text „Das Märchen vom Garten Sandosa“ ist vom Plattencover ihrer ersten Langspielplatte „Psychedelic Underground“. Diese Collage ist eine Hommage an die Künstlerinnen und Künstler und ihrer Zeit.

Nach Ingeborg Schober beschreibt ein Besucher des ersten Düül-Konzertes 1968 im Lichthof die Performance so: "Den Leuten ist einfach der Kopf weggeflogen. Und das waren Studenten, die hatten noch nie was von Popmusik gehört. Und die sind ausgeflippt. Da war eine Identität da: Wildheit, Nonchalance, Kinder trommelten, Frauen trommelten. Das war revolutionär. Alles danach war nur noch Abklatsch..." (Tanz der Lemminge, S. 43)



Das Märchen vom Garten Sandosa

Weit drüben, am Fuße
des hohen Gebirges,
lebte einst
ein wunder-
hübsches Mädchen
namens Strömel.
Es war so lieb
und schön,
dass die Ritter des
ganzen Landes von
ihm erzählten.

Doch
die schöne Strömel
träumte allerlei närrisches Zeug,
wenn die Sonne
schien und der Tag himmelblau war.
Zu jener Zeit nun hörte
sie die Sage von
Sandosa, eines gar
seltsamen Garten am
Gipfel des hohen Gebirges,
von dem man sich
zuflüsterte, er wäre schöner noch
als das Paradies. Doch kaum einer
war je oben gewesen, denn nur
die böse Hexe Dila kannte den
Weg dahin.

Und so sprach
das kluge Mädchen:
„Nur jener Jüngling
soll mich zum Weibe
haben, der den Mut hat,
mir den Garten Sandosa
zu zeigen.“ Dies
vernahmen die
beiden Freunde
Kaskado und Bitterling,
zwei junge
Schnösel, die sich
noch allerlei vom
Leben versprachen.
Schnell eilten sie hin
zu ihr und verliebten
sich noch am selben Tage.

Doch die gutherzige Strömel
mochte keinem der
beiden weh tun,
weil sie doch so
unzertrennliche 
Freunde waren,
und so machten sie
sich zu dritt auf den
Weg, die böse Hexe
Dila zu finden.
Hundert Tage und
hundert Nächte irrten
sie durch das einsame
Gebirge, bis sie
endlich einen uralten,
halbverfallenen Turm
erblickten.

Nun wussten sie,
dass sie am Ziele waren,
und alle drei
hatten sie schreckliche
Angst. Doch siehe,
die böse Hexe
empfing sie
freundlich und
versprach, ihnen zu
helfen, sie war wohl
schon etwas wunder-
lich geworden auf ihre alten Tage.
Flugs braute sie einen
Zaubertrunk, und
während sie das tat, dampfte
und zischte es nur so, dass die drei
vor Staunen ihre Angst vergaßen, und
alle nahmen einen kräf-
tigen Schluck davon.
„Puh, das schmeckt ja nach Essig“,
hörte man den einfältigen
Bitterling noch rufen, und schon
waren sie
wieder allein draußen im Walde.

Doch oh, wie hatte sich der ver-
ändert. Überall funkelte und glitzerte
es, denn die Tautropfen waren zu
Edelsteinen geworden. Das Moos
unter ihren Füßen schien zu
atmen, und es wogte und schimmerte
in tausenderlei
Mustern und Farben.
So liefen sie und lach-
ten sie, und plötzlich
waren viele da, bunt
bemalt und in den prächtigsten
Gewändern. Alle waren sie
froh, und sie sangen
und musizierten.
Ruben und seine Jets
spielten zum Tanz auf.
John Lennon
und Tiny Tim
saßen auf einem
Baumwipfel
und sangen ein
wundervolles
Duett, 

und das
ging so:
„In Wald
und Busch
und Feld, da find´
ich mein Behagen,
was soll ich
mich denn
plagen auf dieser
schönen Welt.“ Die K 1
war auch da und Dieter brüllte
in ein Mikrofon, dass die
Erde bebte und die Maulwürfe eilends
ihre Stollen abstützten.
Und vielleicht waren
da auch noch ein paar
von den Amon Düüls.

Als Kaskado, Strömel
und Bitterling dies
alles sahen, beschlossen sie,
für immer hier
oben zu bleiben, und
der einfältige Bitterling
wunderte sich
sein ganzes Leben,
wie er bloß auf „Essig“
gekommen war.

(Und wer´s nicht glaubt,
dem schenkt
Mama Düül ein
Zuckerstückchen).




Sandoz in the rain

If you go through the door
Where the trees and the green
Says yes to love
Being a light
Go to the heaven
Of your mind my mind
Leave your body safe behind
Hoping that you never love any me
Even you’ll ever tried
You’ll give it back (up?)
Your mind
You ain’t got to go up
And sue the can
Seeing what you never had
You never drove your back
Hope you see me
Though you mad
Get you everywhere love you can
Please I’m one in the wind
You go up
So hoping you will never
Well try to show up
Got to cut through the man
you know
Sharpen your heart
Then you go out
Empty Neverland
You can see my mind mind
If you go your land
Open on your dad
Said somewhere in her rain
My love is standing
The sundrops in her eyes
My love a can stand
The sundrops in your eyes
Of your love (all alone?)
Running through the wind
Aaa you know
Running through the wind smile



In der Collage verwendete Schnipsel:

Musik: Amon Düül - Eternal Flow, Amon Düül 2 - Yeti talks to Yogi, Ruben and the Jets - Fountain of Love, John Lennon / Tiny Tim - Nowhere Man, Amon Düül 2 - Sandoz in the Rain, Moody Blues - The Balance

Filme und Bilder unter anderem: Augusto Giacometti, Das siebente Siegel, Gates of Genesis - A surreal short film, Lucid - short film, Koyaanisqatsi, John Macdougall, Die Krone von Arkus, The Trip (1967), Henry Payne End of the day, Das Märchen vom Schlaraffenland, The Garden of earthly delights (Bosch) - animation, Wonderwall, 2001 A space odyssey, Der Dieb von Bagdadf, Die Tote von Beverly Hills, 1950s LSD Test on young woman and many more

Dingefinders LYRA: LYRA ist die Abkürzung für LYrikRAdio und bezieht sich auf die Audiospur. Die Bilder sind für YouTube dazu gekommen. Das Projekt verfolgt keinerlei kommerzielle Zwecke, weder der Blog (Die anderen Seiten) noch der YouTube-Kanal sind monetarisiert. Die Reihe wird fortgesetzt.

Wenn schon alles gesagt, gesehen und gehört worden ist, ist die Collage vielleicht die Kunstform der Zukunft.